EURODANCE 2014 in Southport, England vom 12. bis 16. Juni 2014

Dieses Mal hat es besonders lange gedauert und der Bericht ist lang. Man kann nach Themen lesen, wenn man sich nicht die ganze Länge antun möchte.

EURODANCE Banner
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EURODANCE 2014 – nach 2012 die zweite Auflage dieses Events – war für die Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus dem deutschsprachigen Raum ein sensationelles Ereignis, ein Erlebnis, über das sie noch lange sprechen werden und das sich noch lange in den Playlisten der Unterrichtseinheiten widerspiegeln wird. Es wurde an 3 Tagen und 4 Abenden getanzt, gelernt, geschwitzt, gelacht und bewundert. Ein solches Event gibt es auf dem europäischem Parkett bisher nur in Southport. Gegenüber 2012 hat sich das Konzept nicht wesentlich geändert und obwohl im Artikel von Wibke Leibing im Heft 3/2012 bereits beschrieben, möchte ich es an dieser Stelle noch mal erklären, weil es die Basis für den Erfolg des Events ist:

30 international sehr bekannte, bekannte und noch nicht bekannte Choreographen aus England, den USA, den Niederlanden, Dänemark, Schweden und der Schweiz unterrichteten ihre eigenen Tänze und stehen mit uns auf der Tanzfläche, um die Tänze der Kollegen mitzulernen. Sie sind jederzeit ansprechbar und haben einen wesentlichen Anteil an der guten Stimmung bis in den späten Abend hinein. Hier einige der Namen, die jeder fortgeschrittene Linedancer kennt: Rachael McEnaney, Guyton Mundy, Ria Vos, Robbie McGowan Hickie, Kate Sala, Joey Warren, Dee Musk, Yvonne Anderson, Karl-Harry Winson, Patricia Stott, Niels Poulsen, Daniel Trepat und viele mehr. Es waren auch viele nicht so bekannte Choreographen/innen dabei, die von den Veranstaltern eingeladen worden waren, um ihnen z. B. als Newcomer eine Chance zu geben. Während der 4 Tage konnte man all diese Personen aus nächster Nähe betrachten und viele haben es sich nicht nehmen lassen, sie auch anzusprechen und persönlich kennenzulernen. Leider wurde 2014 kein Gruppenfoto gemacht.

Ca. 400 Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus vielen verschiedenen Ländern in Europa und der Welt: viele natürlich aus England, größere Delegationen aus Dänemark, Schweden und Norwegen und sogar Estland, wenige aus Frankreich und Spanien und etliche Teilnehmer, die wirklich einen sehr weiten Weg auf sich genommen hatten, um dabei sein zu können, wenn sie aus den USA, Japan, Korea und China gekommen waren. Aus dem deutschsprachigen Raum reisten Tänzerinnen aus Wien an, eine größere Gruppe der Forty Fours aus Sindelfingen, drei Vertreter der Munich LADs, drei Tänzerinnen aus Bamberg, zwei Cookies aus Rohrbach und dieses Mal nur zwei von den City Stompers aus Hamburg, Elke aus Quedlinburg und Sabine aus Hess. Lichtenau. Anne-Berit aus Risum-Lindholm ist leider nicht auf dem Gruppenfoto. Einige von uns hatten schon 2012 teilgenommen, der größere Teil war aber zum ersten Mal da und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Von den Teilnehmern erregten einerseits die älteren Tänzer und Tänzerinnen immer wieder unsere Aufmerksamkeit. In England wird Linedance sehr oft von Senioren getanzt. Sie standen in fast allen Workshops und beherrschten viele aktuelle Intermediate-Tänze. Auf der anderen Seite wurden die vielen jüngeren Tänzerinnen und Tänzer bewundert, die die Newline-Tänze sehr gut tanzen und die trotz des saunamäßigen Klimas von der Tanzfläche im oberen Saal einen sehr intensiven Gebrauch machten.

Die Veranstalter des Events sind zwei Ehepaare, die für dieses Großereignis all ihre Erfahrungen mit der Organisation eines solchen Events einsetzen und ihre sonstigen Kräfte bündeln: Pauline und Dave Baycroft (Awesome Linedance) und Sue und Ken Weston (Bossy Boots). Sie arbeiten von früh bis spät, um alle Programmpunkte zu steuern und sind auch sehr oft als DJs in den verschiedenen Sälen tätig. Das Event ist klar strukturiert und der Zeitplan wird exakt eingehalten. Es gibt ein Programm, das auf ein DIN-A-Blatt passt und für uns von Donnerstag bis Sonntag das wichtigste Stück Papier war.

Ken & Sue Weston
Ken & Sue Weston
Dave & Pauline Baycroft
Dave & Pauline Baycroft

Das Konzept des Events hat sich Dave Baycroft (Big Dave) überlegt. Er möchte mit EURODANCE Linedance-Veranstaltungen, wie sie üblicherweise in den USA stattfinden, nach Europa übertragen. Charakteristisch für ein Event à l’Americaine sind:

Viele internationale Choreographen

  • Viele möglichst brandneue Tänze, die in verschiedenen Sälen unterrichtet werden
  • Demos der Workshoptänze am Vorabend, um den Teilnehmern die Auswahl zu erleichtern
  • Während der Abendpartys Playlisten auf der Videowand auch für die anderen Säle in jedem Raum
  • keine festen Sitzplätze für die Teilnehmer während des gesamten Events
  • Veranstaltung und Unterkunft in einem Haus

Veranstaltungsort ist das Hotel „Prince of Wales“ an einer der Hauptstraßen von Southport. Wer hier nicht mehr unterkommen konnte, wohnte im Hotel Scarisbrick nur wenige Gehminuten vom POW entfernt. Beide Hotels stammen wohl aus der Blütezeit der Stadt Southport. Die beiden größeren Säle im „Prince of Wales“ sowie das gesamte Hotel haben hohe Wände mit Stuckdecken. Die Fenster und Decken sind mit Jugendstilmotiven verglast. Man fühlt sich in diesen Räumlichkeiten in eine andere Zeit versetzt und könnte so richtig schwelgen, wenn man nicht doch immer wieder über hässliche und ungepflegte Ecken stolpern würde. Die Ausstattung und die Gegebenheiten in den Zimmern, das Frühstück und das Abendbuffet boten die meisten Anlässe für Kritik. Man nimmt all dies jedoch gerne in Kauf, weil man einfach glücklich ist, dabei zu sein. Sehr gelobt wurde von allen, dass gekühltes Wasser, Tee und Kaffee vom Beginn der Workshops bis in den späten Abend hinein vom Hotel kostenlos zur Verfügung gestellt wurde. Wer es rechtzeitig einrichten kann, sollte auf jeden Fall versuchen, ein Zimmer im „Prince of Wales“ zu bekommen. Es ist so angenehm, wenn man jederzeit zwischen dem eigenen Zimmer, dem Restaurant und den Tanzsälen pendeln kann.

Decke im Bamber-SaalWindsor Suite im 1. Stock

Workshops

Dass es viele Tänze würden, haben wir ja gewusst. Der grobe Plan war uns aus dem Jahr 2012 bekannt und wurde auch schon Wochen vor dem Event von den Veranstaltern verteilt. Als man dann die Details in Händen hielt, fühlte man sich erst mal etwas erschlagen. 3 Workshops parallel in 3 verschiedenen Räumen, nach Schwierigkeitsgrad unterteilt, 3×3 am Vormittag und noch mal 3×3 am Nachmittag, mit einem Bonus-Workshop in der Mittagspause kommt man auf 57 Tänze. In zahlreichen Fällen wurden wie 2012 gleich 2 Tänze in einer Stunde unterrichtet. Es waren also weit mehr als 60 Tänze auf dem Zeitplan für EURODANCE 2014. Die Entscheidung fiel z. T. sehr schwer, manchmal musste man sich auch eine Pause gönnen, oder man entschied sich für einen bestimmten Tanz, weil man gerne den Choreographen und seinen Unterricht kennenlernen wollte. Die Teilnehmer fanden die große Bandbreite an Tänzen sehr positiv. Es wurden einfache Tänze, mittelschwere und schwere Tänze unterrichtet. Es waren die verschiedensten Musikrichtungen vertreten. Erwartungsgemäß waren die Workshops bestimmter Choreographen besonders voll. Als Rachael McEnaney „AK Freak“ unterrichtete oder Guyton Mundy seinen brandneuen Tanz „Unsteady“ wurde der Raum im 2. Stock viel zu klein. Jeder Zentimeter auf dem Teppich und zwischen den Stühlen wurde genutzt, um mitlernen zu können. Manchmal war es einfach zu voll. Diesen Kritikpunkt hat „Big Dave“ gleich aufgegriffen. 2016 sollen die Workshops, für die man besonders viele Teilnehmer erwartet, im größten Saal stattfinden, womit die Aufteilung der Tänze auf die Säle nach „Easy“ im kleinen Saal, „Intermediate“ und „Mainstream“ im größten Saal und „Advanced“ und „Newline“ im mittelgroßen Saal aufgegeben würde. Der Schwerpunkt vieler Teilnehmer lag auf den schwierigeren Newline-Tänzen. Der Saal war immer voll und kochte schon früh am Tag im wahrsten Sinne des Wortes. Die Hitze entwickelte sich hier trotz großer Klimageräte besonders schnell und konnte erst spät in der Nacht abziehen, wenn endlich Ruhe eingetreten war.

WS Niels im Bamber-SaalWS im Windsor-Saal10_WS im Windsor-Saal_3

 

Gefragt, welche Tänze den deutschen Teilnehmern am besten gefallen haben, sind in der nachfolgenden Liste die Tänze nach Häufigkeit der Nennung aufgeführt, die interessantesten am Anfang:

Tanzname Choreograf Länge Level
Unsteady Guyton Mundy noch nicht veröffentlicht Advanced
AK Freak Rachael McEnaney & Guyton Mundy 64/2 Advanced
Get It Bae Joey Warren 64/2 Advanced
Masquerade Karl-Harry Winson 64/4 Intermediate
Off The Chain Fred Whitehouse Phrased AB Int/Advanced
Doo Wacka Doo Guyton/Maria Maag Phrased AB Intermediate
Get My Name Guyton Mundy & Will Craig 64/4 Intermediate
This Is How We Roll Rachael McEnaney 32/2 Intermediate
Together Forever Yvonne Anderson 48/4 Improver
Alcazar Karl-Harry Winson/Robbie McGowan Hickie 52/4 Intermediate
Celtic Lady Yvonne Anderson 48/2 Intermediate
Enigma Dee Musk 64/2 Intermediate
If I don’t Ria Vos 96/2 Int/Advanced
Suicide Waltz Joey Warren, Debbie McLaughlin & Niels Poulsen 96/2 Int/Advanced
Trouble With My Baby Craig Bennett & Tina Argyle 64/2 Improver

Wir waren alle sehr beeindruckt von „Unsteady“. Mit diesem Tanz gelingt es Guyton wie selbstverständlich die Emotionen, die im Text der Musik stecken, in Bewegungen umzusetzen. Wer ihn spät am Abend diesen Tanz noch einmal tanzen sah, was nur den ganz Hartgesottenen vergönnt war, konnte deutlich spüren, dass hier persönliche Gefühle umgesetzt werden. Der Tanz ist wie ein Gedicht, so persönlich und geradezu ergreifend. Wir waren uns einig, dass sich der Choreograph mit solch einem Tanz aus der großen Masse der Choreographen sehr weit heraushebt.

So unterschiedlich wie die Tänze so unterschiedlich waren auch die „Teacher“. EURODANCE ist eine einmalige Gelegenheit, auch die Kunst des Unterrichtens zu studieren. Besonders beindruckt haben uns Rachael McEnaney, Yvonne Anderson, Joey Warren, Karl-Harry Winson, um nur einige zu nennen. Auch die Jungen bekamen eine Chance. So Kirsten Matthiessen und Janni Anderson aus Dänemark und J. P. Madge aus der Schweiz.

13_1_Klara Wallman
Klara Wallman

Die 22jährige Klara Wallman aus Schweden war ein sichtbares Highlight, als sie in der Mittagspause am Sonntag ihren Tanz „Down To The River“ unterrichtete. Der Saal hätte nicht voller sein können und viele „Stars“ standen in ihrem Workshop. Es war faszinierend anzuschauen, wie sicher die Tänzer ihren „Kommandos“ folgten. Der super choreographierte Westcoastswing wogte quasi durch die Menge – ein tolles Bild für die, die wie ich zu spät zum Workshop kamen :-).

Abendpartys

23_Videoanzeige im Windsor-Saal
Videoanzeige

Es bleibt noch, über die Abende nach den Workshops zu berichten. Sie unterscheiden sich sehr von den Partys, die wir in Deutschland gewohnt sind. Da in drei verschiedenen Sälen Musik aufgelegt wird und ein eigener DJ für die Wünsche der Anwesenden zuständig ist, macht es keinen Sinn, wenn man nach Gruppen sortiert an Tischen sitzt. Manche Teilnehmer haben sich trotzdem ihre Stühle reserviert, denn sie blieben einem bestimmten Saal treu, aber viele waren wie wir ziemlich viel unterwegs, von einem in den anderen Saal, auf der Suche nach dem Tanz, den man mittanzen konnte. Die Playlisten aller drei Räume wurden in jedem Saal via Wlan auf einer Leinwand aufgelistet. Das System lief leider nicht stabil und die Tanznamen waren oft schlecht lesbar. Hier werden die Veranstalter nachbessern müssen, damit es 2016 besser funktioniert. Als dann am Samstagabend das Fifa-WM-Spiel England gegen Italien lief, gab es im Hauptsaal keine Vorschau mehr. Wer wohl auf die Idee gekommen war, während der Party das Spiel zu zeigen?

 Die Arbeit der DJs in den drei Sälen wurde von allen Teilnehmern sehr gelobt, auch wenn wir über die 4 Abende hinweg, auch wegen häufiger Wiederholungen, nicht so viel mittanzen konnten wie andere Linedancer. Manchmal, wenn man allein zwischen den Räumen tingelte und nicht wusste, wo sich denn die anderen gerade herumtrieben, hat man es bedauert, dass es keinen festen Tisch für die eigene Gruppe gab. Zum Ausgleich dafür gab es aber sehr viel zu gucken. Von den Veranstaltern waren vorab Mottos („Dress Your Head“ für Freitag und „Masquerade“ für Samstag) festgelegt worden. In England ist das Verkleiden ein Muss und man stellt schnell fest, wie sehr es die Stimmung lockert und wie easy Kontakte hin und her entstehen, wenn man in lustiger, schöner oder ganz edler Verkleidung auf der Tanzfläche steht. An diesen Abenden entstanden sicher die schönsten Bilder.

17_Dress Your Head_grün16_Dress Your Head_Engländerinnen14_Dress Your Head_Claire & Gruppe12_Dress Your Head_Angelika & Sabine

Auf die Livemusik am Freitag- und Samstagabend hätten wir gerne verzichtet und unsere Tanzmusik lieber „vom Band“ gehört. Dass die Choreographen auch am Abend dabei waren, man neben ihnen und mit ihnen seine Lieblingstänze tanzen konnte, hat uns sehr gefreut. Die Namen auf den Tanzbeschreibungen bekommen ein Gesicht und man erinnert sich gerne daran, dass man sie in Southport erlebt und vielleicht sogar mit ihnen gesprochen hat. Schließich und endlich waren einige von uns richtig happy, dass die Partys endlich mal nicht schon um 1 Uhr zu Ende waren.

 Fazit

Eurodance ist ein sehr gut organisiertes Linedance-Event auf höchstem Niveau und mit persönlichem Touch. Alle müssen alles geben, um durch die 3,5 Tage durchzukommen. Viele international bekannte Choreographen, eine lange Liste an ganz neuen Tänzen, ein Rund-Um-Sorglospaket mit Tanzen, Essen und Schlafen an einem nur für Linedancer reservierten Ort, viele nette Leute aus der ganzen Welt, die man hier unkompliziert kennenlernen kann. Leider zu warme Räume und klebrige Tanzböden in den beiden Hauptsälen, aber: viele wunderschöne Schuhe, die man in der Hotellobby kaufen konnte. 22_Schuhe_mit Personen_verkleinertDie Koffer der deutschen TeilnehmerINNEN waren auf der Rückreise voll davon. Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal bei Dirk Leibing von den City Stompers in Hamburg bedanken, der uns 2011 auf dieses Event aufmerksam machte. Es war der beste Ratschlag EVER.

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