Gemeinsam mit Gudrun Schneider, ihrem Mann Uwe und ihren Freundinnen Heike und Karin bin ich im Januar nach Paris gereist. Schon zum 4. Mal war Gudrun von einem französischen Verein für Workshops eingeladen worden. Dieses Mal war der Veranstalter Country Corot Dance. Die Vereinsmitglieder trainieren und feiern in der 3-fach-Sporthalle des Gymnasiums Corot in Savigny-sur-Orge, einem Vorort von Paris. Diese Lage machte es uns möglich, auch die Stadt der Liebe, die in der jüngeren Vergangenheit leider eher als Stadt des Terrors Schlagzeilen machte, zu besuchen. Januar ist nicht gerade ein Wonnemonat. Doch Wind, Regen, Sturm und Kälte haben uns nicht die Laune verdorben. Wir haben vom Eiffelturm auf Paris geschaut und hatten dabei sogar die Sonne zu Gast, sind mit der Metro und dem Regionalzug kreuz und quer durch die Stadt gefahren, um uns die verschiedenen Sehenswürdigkeiten anzuschauen.
Country Corot Dance
Der Name Country Corot Dance (abgekürzt CCD) ist aus heutiger Sicht irreführend. Die Vereinsgründung fand 2012 statt. Die Gruppe wurde aber schon 2007 von Bernadette Frantschi gegründet und zu diesem Zeitpunkt stimmte der Begriff „Country“ im Namen mit der Art von Linedance, die getanzt wurde, überein. CCD gibt es also schon seit 9 Jahren und bis 2016 wurde er immer nur von ihrer Gründerin Bernadette trainiert. Er konnte sich stark vergrößern, weil Bernadette viel Zeit und Energie in die Entwicklung steckte. Seit 2016 gibt es eine zweite Trainerin. Lydie Bayo hat zunächst eine fundierte Ausbildung durchlaufen und Prüfungen der NTA abgelegt, um danach die Hälfte der Tanzkurse zu übernehmen und damit Bernadette zu entlasten. Das Logo des Vereins zeigt das Gymnasium Corot, das ein richtiges Schloss ist.
Heute zählt der Verein ca. 120 Mitglieder. Es gibt vier Kurse, 2 am Montag für Anfänger und Improver und 2 am Dienstag für Intermediadate und Int/Advanced. In allen Kursen werden alle Musikrichtungen eingesetzt. Countrymusik ist also nicht mehr die alleinige Zielrichtung. Wie viele andere Trainer auch, scannt Bernadette die Linedance-Szene der aktuellen Tänze. Auf dem Lernprogramm stehen auf jeden Fall immer die Tänze der Choreographen, die 3x im Jahr zu Workshops nach Savigny eingeladen werden. Daneben werden immer auch Tänze unterrichtet, die vom Pot Commun ausgewählt wurden.
Pot Commun
Ich wollte schon nach dem letzten Besuch in Frankreich im Mai 2016 einen kleinen Bericht über den „Pot Commun“ (Gemeinsamer Topf) schreiben. Leider war es mir aus zeitlichen Gründen nicht möglich. Hier wenigstens eine kurze Erklärung. Ich glaube, dass es mindestens 4 Regionen in Frankreich gibt, in denen sich die Trainer von Linedance-Vereinen mehrmals im Jahr treffen. Diese Trainer kommen mit verschiedenen Tänzen unterschiedlicher Level (Beginner, Improver, Intermediate, Advanced) und verschiedener Musikrichtungen (Country und Modern) zusammen. Die Tänze werden einer Jury vorgetanzt. Anschließend bewerten die Trainer diese Tänze. Die Gewinnertänze kommen auf die Liste, die öffentlich gemacht wird. Die Trainer vereinbaren, diese Tänze in ihren Gruppen zu unterrichten, um eine Basis von gemeinsamen Tänzen zu schaffen.
Um sich einen Eindruck zu verschaffen, liste ich hier die Tänze der Kategorie „Line“ auf, die im Oktober 2016 gewählt wurden. Ich sehe viele Tänze, die auch bei uns getanzt werden:
- Ultra-Beginner/Beginner: Total Eclipse, I Love Me Most, When I Wake Up, Judge Not, If I Wuz U, Rocket To The Sun
- Improver: Gypsy Queen, Everything To Us, So Just Dance Dance Dance, Promised, Cha Cha Passion, Perfect Strangers, What You Want
- Intermediate: Stories, The Waiting Games, Sofia, Harden Up Princess, Don’t Be So Shy, Making History, Should’Ve Gone Home, Danzing Kombi, Digital Age, Corazon Diamante Heart, ToDos
- Advanced: Dangerously, Dance Apocalytic, Hey Cheyenne, Chandelier, Yes. I’M Ready
- Retro: September, Poker Face, Spotlight
Ich weiß, dass solche Treffen und Verfahren auch in Deutschland schon versucht wurden, aber nicht lebendig erhalten werden konnten. In Frankreich scheinen sie zu funktionieren und dies in der Region Paris (Ile-de-France) seit 2002! So lange tanze ich noch gar nicht! Ich finde die Gruppe „Retro“ super. „Poker Face“ war einer meiner Lieblingstänze und ich war ganz überrascht, dem noch älteren Lieblingstanz „Spotlight“ wieder zu begegnen. Den habe ich wirklich sehr gemocht. Mein erster Smooth 🙂
Hier noch der Link zu den Countrytänzen, die im Oktober 2016 in der Region Paris für den „Pot Commun“ ausgewählt wurden. Naturgemäß kenne ich von diesen Tänzen weniger.
Zurück zu „Country Corot Dance“. Ich hoffe, es ist schon deutlich geworden, dass sich diese Gruppe wie viele Gruppen in Deutschland dem Modern Line Dance zugewendet hat. Es werden aktuelle Tänze gelernt und seit mehreren Jahren im Januar, April und November internationale Choreographen eingeladen so Rachael McEnaney, Sam Ardvison, Darren Bailey, Kate Sala, José Miguel Van Belloque, Maggie Gallagher, Gudrun Schneider im Jan 2017 und Roy Verdonk und Esméralda Van de Pol zum 1. Mal im April 2017.
Ein stilvolles französisches Abendessen
Das Event begann für uns schon am Vorabend. Mit großer Spannung darauf, was uns wohl erwarten würde, folgten wir Bernadette, Arlette, der Vereinsvorsitzenden und Lydie in ein französisches Restaurant. Die Übersetzung der Speisekarte und notwendige Erklärungen der verschiedenen Gerichte dauerten so lang, dass der Geduldsfaden der Restaurantchefin so kurz vor dem Zerreißen war. Schließlich hatte jeder seinen Aperitif, die Vor- und Hauptspeise und das Dessert ausgewählt. Es wurde ein lustiger Abend und ich bekam wirklich was zum Staunen, als das Bier (!), das Uwe bestellt hatte, vor ihm abgestellt wurde. Dass unsere französischen Nachbarn und Freunde eine gehobene Esskultur pflegen, in der an diesem Abend auch Gänseleber eine wichtige Rolle spielte, ist wirklich kein Gerücht und ganz bestimmt kein Vorurteil.
Das LINEDANCE-EVENT: Gudrun Schneider bei Country Corot Dance
Am Samstag ging es dann endlich in die riesige Sporthalle, die Linedancern vielleicht schon im Video „Modern Romance“ mit Kate Sala aufgefallen ist. Gudrun war schon etwas nervös. Wie würden die französischen Tänzer auf sie reagieren, würden sie verstanden werden und würden ihre Tänze Gefallen finden? Die Tische in der Halle füllten sich nach und nach. Es gab auch bald kostenlosen Kaffee (Gott sei Dank), die ersten Fotos wurden gemacht und ich bewunderte eine CCD-Tänzerin, die sich für den Anlass ein Outfit in den deutschen Farben geschneidert hatte.
Workshops
Gudrun unterrichtete am Nachmittag 4 Tänze, angefangen mit „J’Adore“, den sie schon in Deutschland zum ersten Mal unterrichtet hatte. Die anderen drei waren brandneu. Aufgrund der Gegebenheiten in der Halle – es gab keine Bühne – war Gudrun in direktem Kontakt mit den Tänzern. Sie stand in der 1. Reihe, wechselte in die Mitte und an die anderen Ränder und erklärte auch sonst mit Händen und Füßen, bis die Schritte klappten. Dass nicht alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen daran gewöhnt waren, einem Unterricht in Englisch zu folgen, konnte ich an den Fragezeichen in manchen Gesichtern und den leisen Diskussionen auf Französisch erkennen. Doch die Aufmerksamkeit der Teilnehmer blieb hoch und Gudrun entspannte die Lernsituation ganz prima, in dem sie direkt auf einzelne Teilnehmer zuging, hier und da aushalf und immer wieder Anlass für Lacher und Spaß schaffte. Ich finde, die Bilder zeigen sehr gut, dass die Stimmung prima war. Die Leute hatten Spaß und Gudrun und die Tänze kamen gut an. Nach den Workshops ergoss sich geradezu eine Welle von freundlichen Komplimenten über Gudrun und alle wollten ein Bild mit ihr.
Workshop-Tänze
- J’Adore, 32/4 Improver von Okt 2016 auf das Lied „Si J’Amais J’Oublie“ von ZAZ
- Tell It To My Heart, 64/4 Intermediate von Gudrun Schneider und Mathias Pflug auf das Lied “Tell It To My Heart” von Filatov & Karas
- See You, 32/4 Improver auf das Lied “See You” von Lions Head
- I Be U Be, 48/4 Intermediate auf das Lied “I Be U Be” von High Valley
Abendessen
Die nüchterne Sporthalle bietet natürlich kein gemütliches Ambiente, aber dadurch lässt sich CCD nicht die Laune und schon lange nicht den Appetit verderben. Auf der Anmeldung hatte ich gelesen, dass eine „Auberge Espagnole“ geplant war, hatte aber keine Ahnung, was das wohl bedeutet. Nun: nach den Workshops wurden weitere Tische aufgestellt und es entstand ein Gewusel unter den Teilnehmern, bis eine lange Reihe von Tischen voll mit Schüsseln und Tellern mit guten Sachen zum Essen war. Eine „Auberge Espagnole“ ist also ein kaltes Büffet, das die Teilnehmer mitbringen. Meine Buttenheimer Freundinnen von den Phoenix Linedancers praktizieren dieses auch schon seit Jahren mit riesigem Erfolg. Es bewahrheitete sich also wieder, dass den Franzosen gutes Essen und Trinken wichtig ist, unter allen Umständen. Ich hätte noch mehrere andere Geschichten parat, um diese Behauptung zu belegen 🙂 Am besten hat mir wieder das Bier vom Uwe gefallen. Jetzt konnte ich sehen, dass es nicht in einer gewöhnlichen Bierflasche kommt, sondern in einer Art Sektflasche, für die es schon mehr als 2 Hände braucht, um an den Inhalt zu kommen.
Tanzen
Vor und zwischen den Workshops wurden schon viel getanzt. Unter den Tänzen waren etliche, die ich mittanzen konnte und einige neuere, die ich mir mit großem Interesse angeschaut habe (Shady von Darren, Fred und Amy; I feel It Coming von Ria Vos; Dangerously von Roy, Sebastiaan und José; It’s Gotta Be You von Neville und Julie). Ich habe mich auch gefreut, mal wieder einen ganzen alten Tanz, nämlich „California Blue“ mitzutanzen.
Abendparty
Für die Abendparty gab es eine Playliste, die schon lange Zeit vor dem Event vom CCD auf deren Homepage veröffentlich worden war. Zwischen den Blöcken gab es Platz für Wünsche, die auch kräftig erfüllt wurden. Hier musste ich dann öfters mal zuschauen, was nicht verwundert, denn schließlich ist ja die Anzahl der möglichen Tänze unendlich. Wir haben uns gut amüsiert. Die Teilnehmer hatten weiterhin Spaß daran, viele Fotos zu machen und miteinander Späße zu treiben, ein Zeichen dafür, dass man sich in der Umgebung und mit den anderen wohlfühlte. Gudrun freute sich, dass Bruno Voisin und seine Gruppe aus Fontainebleu gekommen waren. Bruno war wegen Gudrun gekommen. Er und sein Verein sind schon länger Fans.
Zum Schluss gab es noch einen Absacker mit allen, die sich tagsüber dafür ins Zeug gelegt hatten, dass das Event gut laufen würde. Wir konnten noch mal auf einen tollen Tag und Abend trinken, wurden ja zum Hotel zurückgefahren. Draußen waren die Straßen stark überfroren und jeder wünschte jedem eine gute und sichere Heimfahrt.
Paris mit Country Corot Dance
Am Montag danach haben uns Bernadette und Lydie auf eine Bootstour in Paris eingeladen. Leider regnete es und es war kalt und ungemütlich. So war es gar nicht schlecht, unter einem Bootsdach Paris vom Wasser aus zu besichtigen. Vor dem letzten Abendessen im Quartier Latin haben wir die Gelegenheit genutzt, die Kathedrale „Notre Dame“ von innen anzuschauen. Wir durfen hinein, obwohl gerade eine Messe gelesen wurde. So konnten wir beobachten, in welcher Form die moderne Zeiten in eine wirklich alte Kirche Einzug gehalten haben. Vor der Kathedrale befindet sich in den Boden eingelassen der Fundamentalpunkt für das Land Frankreich. Von hier aus wurden früher die Kilometer von Paris in alle Landesteile von Frankreich gemessen. Wir haben mal symbolisch unsere Füße darauf gestellt.
Ich bin sehr froh, dass ich mitgefahren bin. Der Verein CCD ist sehr lebendig und es hat mir sehr gefallen, was sie tanzen und dass sie so regelmäßig große Linedance-Party mit Workshops organisieren. Mein Bild vom Linedance in Frankreich wurde durch diesen Besuch genauer. Ich freue mich auf das Event Festiline im Juni. Ich werde dort einige Mitglieder von CCD wiedersehen. Darauf freue ich mich sehr.